00:00:00: [Musik]
00:00:04: Hey, ihr da draußen?
00:00:05: Sperrt die Lausche auf!
00:00:07: Willkommen bei...
00:00:09: Kugelsicher!
00:00:10: Dem Kopfkast der Polizei Hessen!
00:00:13: Autentischer!
00:00:15: Hört hinter die Kulissen!
00:00:16: Kein Gelaber?
00:00:17: Alles echt!
00:00:18: Feinster Einblick in den Alltag der Polizei Hessen!
00:00:21: [Musik]
00:00:24: Kugelsicher!
00:00:25: Authentisch!
00:00:26: Ehrlich!
00:00:27: Direkt!
00:00:28: Hard!
00:00:28: Ganz schön krass!
00:00:30: Und auf jeden Fall Kugelsicher!
00:00:32: [Musik]
00:00:36: Kugelsicher!
00:00:37: Hallo und herzlich willkommen!
00:00:38: Hier ist wieder Kugelsicher, euer Kopfkast der Polizei Hessen.
00:00:41: Und heute haben wir zwei Gäste einer Spezialeinheit am Start,
00:00:44: über die man in der Öffentlichkeit recht wenig erfährt.
00:00:47: Herzlich willkommen Fee und herzlich willkommen Basti.
00:00:50: Könnt ihr euch und die Spezialeinheit, bei der ihr im Dienstzeit kurz vorstellen?
00:00:55: Ja, gerne! Also ich bin die Fee, ich bin 29 Jahre alt,
00:00:58: Kriminaloberkommissarin aus Frankfurt
00:01:00: und bin jetzt seit drei Jahren bei der Verhandlungsgruppe Süd.
00:01:03: Und kümmere mich da neben der, ich sag jetzt mal, normalen Verhandlungstätigkeit,
00:01:07: über die wir heute wahrscheinlich noch viel sprechen werden,
00:01:10: auch um die Nachwuchsgewinnung, insbesondere innerhalb der Spezialeinheiten,
00:01:14: aber auch um andere Themen wie jetzt zum Beispiel das Thema digitales Verhandeln
00:01:19: oder erste Hilfe im Einsatz.
00:01:21: Und Basti, wie sieht es bei dir aus?
00:01:22: Ich bin Basti, bin 37,
00:01:24: komme gebürdig aus Bayern, der mittelfränkischen Richtung,
00:01:28: mich hats nach Nordhessen verschlagen
00:01:30: und da bin ich jetzt für die Verhandlungsgruppe Nord auch tätig in Kassel.
00:01:34: Und derzeit leite ich den Außenfortbildungsbereich in der Verhandlungsgruppe Nord.
00:01:39: Das heißt, ich sorg dafür, dass die Leute fleißig trainieren.
00:01:43: Aber von Mittelfranken nach Nordhessen,
00:01:45: kann man da schon vor einem Kulturschock sprechen?
00:01:47: Ja, doch, in Italien schon, ja.
00:01:49: Bevor wir aber wirklich in die Folge einsteigen,
00:01:51: unsere Stammhörer wissen, wir haben immer zehn schnelle, spontane Fragen an euch
00:01:55: und den sogenannten Schnellschuss.
00:01:57: Und dann würde ich vorschlagen, fehl, dann beginnen wir bei dir.
00:02:00: Telefonverhandlungen oder face-to-face?
00:02:07: Das ist schwer, ich sage face-to-face.
00:02:09: Binge-watching der Lieblingsserie
00:02:11: oder Teilnehmer bei einem Triathlon-Wettkampf?
00:02:13: Binge-watching.
00:02:14: Taktik oder Bauchgefühl?
00:02:17: Bauchgefühl.
00:02:18: In der Freizeit die To-do-Liste abhaken oder einfach schauen, was auf ein zukommt?
00:02:22: Einfach schauen, was auf ein zukommt.
00:02:24: Geduldig zuhören oder gezielt Fragen stellen?
00:02:26: Geduldig zuhören.
00:02:27: Lieber sprechen oder organisieren im Hintergrund?
00:02:29: Beides sehr gerne.
00:02:30: Psychologie oder Technik?
00:02:32: Psychologie.
00:02:33: Zum Mittag lieber Pizza auf der Dienststelle oder Meal Prep von zu Hause mitbringen?
00:02:37: Pizza.
00:02:38: Krisenkommunikation trainieren oder echte Einsätze im Nachhinein reflektieren?
00:02:42: Die echte Einsätze reflektieren.
00:02:44: Verantwortung übernehmen oder im Team aufgehen?
00:02:46: Beides.
00:02:47: Verantwortung im Team übernehmen.
00:02:49: Spannend.
00:02:50: Da sind wir jetzt auch schon durch mit den Fragen.
00:02:52: Und da würde ich nachher auch noch mal unbedingt darauf eingehen,
00:02:55: auch auf den letzten Punkt, den du da erwähnt hast.
00:02:57: Aber ich würde verschlagen, jetzt steigen wir so richtig ein.
00:02:59: Ihr habt eben schon so ein bisschen über eure Funktionen in der Verhandlungsgruppe gesprochen.
00:03:02: Die Verhandlungsgruppe ist ja eine der speziellen Einheiten über die,
00:03:05: ich habe es im Intro schon gesagt, recht wenig bekannt ist.
00:03:08: Wie würdet ihr euren Beruf jemanden erklären, der noch nie etwas davon gehört hat?
00:03:12: Also ich erkläre das normalerweise so,
00:03:14: dass man auf die Kommunikation mit Menschen
00:03:16: in psychischen Ausnahmesituationen spezialisiert ist.
00:03:19: Solche Lagen gibt es im polizeilichen Alltag täglich
00:03:22: und begegnen jedem Polizeibeamten oder jeder Polizeibeamt hin.
00:03:26: Und trotzdem gibt es Lagen, die dann aufgrund der Gefährlichkeit,
00:03:29: also der Lebensgefahr, der Bewaffnung oder des Ausmaßes
00:03:32: einfach eine Größe annehmen, wo die Spezialeinheiten informiert werden.
00:03:36: Das sind Lagen, wie wir sie zum Beispiel aus den Nachrichten kennen.
00:03:40: Also zwei Personen sind zusammen in einer Wohnung
00:03:43: und die eine Person bedroht die andere mit einer Waffe
00:03:46: oder es ist eine Person auf einem Hochhaus, die droht runterzuspringen.
00:03:50: Und da kommen wir dann dazu und versuchen das kommunikativ zu lösen
00:03:53: und die Kräfte zu unterstützen.
00:03:55: Was man da noch hinzufügen könnte, wäre,
00:03:57: dass Kommunikation im polizeilichen Sinn eben das mildeste Mittel ist,
00:04:02: was wir einsetzen können.
00:04:03: Wir sprechen ja gerne auch von, dass wir teilweise Zwang einsetzen müssen.
00:04:07: Das heißt, wir müssen gegen den Täter, gegen Betroffene vorgehen.
00:04:11: Davon, wir bringen die zu Boden, wir nehmen die fest.
00:04:14: Aber im schlimmsten Fall auch, es muss jemand die Schusswaffe benutzen
00:04:17: und dem wollen wir entgegenwirken, indem wir kommunizieren,
00:04:20: also mit den Leuten sprechen.
00:04:21: Das ist dazu nicht kommen muss.
00:04:23: Aber dass jemand dann aus der Verhandlungsgruppe
00:04:25: dann auch tatsächlich die Schusswaffe benutzen muss
00:04:27: oder arbeitet immer im Team mit den anderen Spezialeinheiten zusammen?
00:04:30: Ich nenne Sie jetzt mal die klassischen Lagen,
00:04:32: in denen eine Verhandlungsgruppe zum Einsatz kommt,
00:04:34: ist schon in großen Teilen das SEK neben uns
00:04:37: und für uns zuständig und dabei.
00:04:39: Nichtsdestotrotz sind wir ausgebildete Schutzleute,
00:04:42: wir sind Polizisten, wir sind bewaffnet,
00:04:44: wir gehen bewaffnet in Einsatz
00:04:45: und wir trainieren auch den Waffeneinsatz.
00:04:47: Nichtsdestotrotz, solange das SEK mit am Bord ist,
00:04:50: übernehmen die das natürlich für uns.
00:04:52: Ihr habt jetzt gerade von so einem klassischen Einsatz gesprochen,
00:04:55: da ist das SEK einmal mit dabei.
00:04:56: Aber was sind denn so jetzt mal ganz plastisch,
00:04:59: so die typischen oder der typische Einsatz,
00:05:01: mit dem ihr im Alter konfrontiert seid?
00:05:03: Also es gibt tatsächlich verschiedene Polizeidienstvorschriften,
00:05:06: in denen das geregelt ist.
00:05:07: Ab wann die Spezialeinheiten alarmiert werden sollen?
00:05:10: Und vom Bauchgefühl würde ich sagen,
00:05:12: 50% aller Einsätze sind Suizidandrohungen mit Waffen
00:05:15: oder in der Höhe, also auf einem Hochhaus,
00:05:17: auf einem Balkon, Bauchrhein.
00:05:19: Und die restlichen 50% sind dann Bedrohungslagen mit Waffen,
00:05:22: also weitere Sonderlagen, das können Entführungen sein,
00:05:25: Erpressungen, Geisellagen.
00:05:27: Ja, also das, was auch tatsächlich in den Nachrichten kommt
00:05:30: und lebensgefährlich ist.
00:05:32: Gibt es aber Sachen, die überwiegen?
00:05:34: Also ich sage mal, das, was besonders raussticht?
00:05:37: Ja, das sind schwerpunktmäßig schon Suizid- und Bedrohungslagen.
00:05:40: Teilweise kommen auch noch, das heißt immer,
00:05:43: Festnahme bewaffnender Straftäter.
00:05:45: Das überwiegt schon.
00:05:47: Geisellagen, nichtsdestotrotz, genauso wie Entführungen,
00:05:50: kommen weniger, aber doch regelmäßig vor.
00:05:53: Und gibt es da Unterschiede vielleicht in den Einsätzen
00:05:56: zwischen der Verhandlungsgruppe Süd und der Verhandlungsgruppe Nord?
00:05:59: Oder ist das, wenn man es über das Jahr betrachtet,
00:06:01: hält sich das die Waage?
00:06:02: Wir haben die einzigen zwei Verhandlungsgruppen in Hessen.
00:06:05: Das heißt, wir teilen uns das Bundesland,
00:06:07: wie der Name schon sagt, im Prinzip in den Norden und den Süden auf.
00:06:10: Also der Basti aus der VG Nord sitzt bei Kassel
00:06:13: und ich sitze in der VG Süd in Frankfurt.
00:06:16: Und das ist im Grunde auch schon der einzige und größte Unterschied.
00:06:20: Ansonsten haben der Basti und ich zusammen
00:06:22: das Auswahlverfahren gemacht und die Grundausbildung.
00:06:25: Das heißt, wir sind exakt gleich ausgebildet.
00:06:27: Und in einem Einsatz, der jetzt tatsächlich so groß wäre,
00:06:30: können beide Verhandlungsgruppen gleichzeitig arbeiten
00:06:32: oder sich unterstützen würden.
00:06:34: Kennen wir uns, wissen wie der andere tickt, haben das Gleiche gelernt
00:06:37: und könnten uns dementsprechend permanent unterstützen
00:06:40: und Hand in Hand arbeiten.
00:06:42: Aber da würde mich an der Stelle interessieren,
00:06:44: wie oft seid ihr denn so im Schnitt im Jahr im Einsatz
00:06:46: und wie läuft so eine Alarmierung ab?
00:06:48: Dass ihr uns da mal so ein Stück weit mitnehmen könnt.
00:06:51: Also das ist prinzipiell schwer zu sagen,
00:06:53: da die Einsätze immer so ungeplant und plötzlich kommen.
00:06:56: Gefühlt würde ich sagen, wir sind so ein bis dreimal pro Woche im Einsatz.
00:06:59: Es verläuft aber auch phasenweise.
00:07:01: Also es gibt super ruhige Wochen.
00:07:04: Da können mal zwei Wochen gar kein Einsatz vorkommen.
00:07:07: Und dann gibt es auf einmal einen Tag mit drei Einsätze
00:07:10: am selben Tag noch.
00:07:12: Aber wie sieht dann so dein Arbeitsalltag aus?
00:07:14: Also ist es dann im Schichtsystem,
00:07:16: ist es eine normale Tagdienststelle, seid ihr bereit schafft?
00:07:19: Solche Lagen, die passieren ja nicht in der Zeit von 9 bis 17 Uhr,
00:07:22: sondern das kann ja rund um die Uhr passieren.
00:07:24: Also wie ist da so der Alltag aufgebaut?
00:07:26: Genau, das stimmt.
00:07:28: Auch hier wieder gesagt, wir sind in eine deutlich kleinere Dienststelle
00:07:31: als Beispiel das SEK oder das MECA.
00:07:34: Deswegen haben wir bestimmte Rufbereitschaften,
00:07:37: die mit einer Personanzahl X belegt sind.
00:07:40: Und gleichzeitig haben wir aber auch immer noch die Möglichkeit
00:07:44: und die nutzen wir auch regelmäßig,
00:07:46: dass wir, ich nenne es mal Zufalls alarmieren.
00:07:48: Das heißt, wir alarmieren, okay, es kommt ein Einsatz rein
00:07:50: und dann gucken wir, wer ist gerade frei
00:07:53: und hat auch Lust aus seinem Privat aus dem Freit zu kommen
00:07:56: und den Einsatz mitzufahren.
00:07:58: Also das spricht für sehr, sehr viel Engagement,
00:08:00: sehr, sehr viel Initiative und eben einen sehr, sehr guten Teamgeist.
00:08:03: Und wenn es dann tatsächlich in den Einsatz geht,
00:08:05: du hast Ferien am Anfang auch gesagt,
00:08:07: du bist für die Nachwuchsgewinnung auch zuständig.
00:08:09: Ich habe so ein bisschen rausgehört,
00:08:11: jeder hat auch so eine gewisse Rolle innerhalb des Teams.
00:08:13: Wie sehen die Teams denn vielleicht so konkret aus?
00:08:15: Ich weiß, es ist eine Spezialeinheit
00:08:17: und man kann da nie so in die Tiefe reingehen,
00:08:19: weil es auch Sachen gibt, die dürfen nicht nach außen getragen werden,
00:08:22: um ein bisschen was zu erzählen.
00:08:24: Also es gibt verschiedene Rollen,
00:08:26: die wir dann tatsächlich in der Einsatzlage auch flexibel einnehmen.
00:08:28: Also es gibt nicht den einen oder die eine Verhandlerin bei uns,
00:08:31: sondern alle machen prinzipiell alles.
00:08:34: Und die bekannteste Rolle aus Film und Fernsehen
00:08:37: ist ja vermutlich die des Sprechers,
00:08:39: also der Person, die tatsächlich auch direkten Kontakt hat
00:08:42: zu den Betroffenen und wenn man es so nennen will, die Verhandlungen führt.
00:08:45: Das sind die, die auch immer sichtbar sind.
00:08:48: Anders als es jetzt aber im Fernsehen zu sehen ist,
00:08:51: dass man eine Person, sondern auch das Sprecher-Team,
00:08:54: wie man schon sagt, ist ein Team, also mindestens zwei Leute bei uns.
00:08:57: Und hinter den zwei Leuten steht dann noch eine Gruppe,
00:09:00: die gemeinsam an Gesprächskonzepten arbeitet,
00:09:03: die sich mit den anderen Kräften austauscht,
00:09:06: die versucht, Informationen zu gewinnen,
00:09:08: damit das Sprecherteam einfach möglichst gut kommunizieren kann
00:09:11: und ihnen einfach den Rücken frei hält.
00:09:14: Und dazu sprechen wir dann zum Beispiel auch mit Familienangehörigen
00:09:17: oder Freunden, die dann häufig auch am Einsatzort ankommen
00:09:20: und betreuen die dann auch tatsächlich, bis der Einsatz vorbei ist.
00:09:23: Was macht eine gute Kommunikation aus?
00:09:26: Gut zuhören können erstmal, also nicht zuzuhören und zu antworten.
00:09:29: Das ist das, was wir, glaube ich, im Alltag am häufigsten machen,
00:09:32: sondern wirklich zuzuhören und zu verstehen,
00:09:35: sich die Bedürfnisse der Menschen bewusst machen
00:09:38: und darauf gezielt eingehen können
00:09:40: und versuchen, ja, die Person zu lenken, je nachdem, wo denn das Problem ist.
00:09:44: Ich stelle mir das dann auch in der konkreten Situation schon auch sehr anspruchsvoll vor.
00:09:47: Vielleicht so auf der einen Seite hat man mit einer Opferfamilie zu tun,
00:09:50: auf der anderen Seite mit dem MEK, mit dem SEK,
00:09:53: unterschiedliche Erfindlichkeiten, unterschiedliche Wünsche
00:09:57: vielleicht auch in so einem Einsatz.
00:09:59: Da könnte ich mir vorstellen, dass man da auch in so einem Spannungsfeld sich befindet.
00:10:03: Ein Spannungsverhältnis würde ich nicht sagen.
00:10:05: Es gibt Rollen, die dann nochmal auf andere Art und Weise
00:10:08: ganz schön herausfordernd sein können.
00:10:10: Du hast eben angesprochen, SEK, MEK kann passieren,
00:10:13: dass wir mit denen parallel im Einsatz sind,
00:10:15: dass alle drei Spaten den gleichen Einsatz bearbeiten.
00:10:19: Und da ist natürlich eine Aufgabe von uns,
00:10:21: die Verbindung zu dem jeweiligen Abschnitt zu halten,
00:10:23: dass man sich gut abspricht.
00:10:25: Und das ist mitunter sehr herausfordernd,
00:10:27: weil so Lagen natürlich auch relativ,
00:10:29: also Situation relativ schnell passieren.
00:10:31: Da gibt es schnell Änderungen.
00:10:33: Eine wichtige Funktion, die wir auch immer versuchen,
00:10:35: in jedem Einsatz zu erfüllen,
00:10:37: ist die, dass wir den obersten Entscheider, den Polizeiführer,
00:10:42: der bei den Lagen ja dann quasi kommt
00:10:45: und die Entscheidung drift zu beraten.
00:10:48: Und das ist ein Job, den ich persönlich auch recht fordern finde.
00:10:52: Der kollidiert finde ich immer noch am meisten
00:10:54: mit dem tatsächlichen Einsatzgeschehen vor Ort.
00:10:57: Aus welchem Grund genau?
00:10:58: Man muss sich das vorstellen, die Leute,
00:11:00: die wir dann quasi auf der Straße sehen,
00:11:02: die da was tun, die mit demjenigen sprechen,
00:11:04: die was übergeben wollen und so weiter,
00:11:06: die agieren, die tun was.
00:11:07: Und gleichzeitig sitzt aber sehr abstrakt entfernt
00:11:10: an dem jeweiligen Polizeipräsidium, der Polizeiführer.
00:11:13: Das ist jemand aus dem höheren Dienst.
00:11:14: Da hattet ihr auch schon ein Podcast drüber gemacht.
00:11:16: Und der entscheidet dann.
00:11:19: Sieht aber die Situation vor Ort nicht.
00:11:21: Und der ist dann darauf angewiesen,
00:11:22: dass wir die ihm bestmöglich beschreiben und beraten,
00:11:24: was denn sinnvoll wäre, was man vor Ort machen könnte.
00:11:27: Hört sich für mich alles sehr, sehr extrem kommunikativ an.
00:11:29: Aber habt ihr auch technische Hilfsmittel,
00:11:31: die euch dabei unterstützen?
00:11:32: Also gibt es da Sachen, über die man sprechen darf?
00:11:35: Das klassische Tool, das ich auch recht unkompliziert finde,
00:11:39: ist eine Lautsprecherbox.
00:11:41: Nicht immer schaffen wir es so nah ranzukommen, wie wir wollen.
00:11:44: Das heißt, wir müssen eine Entfernung überwinden.
00:11:46: Vielleicht geht derjenige nicht ans Telefon.
00:11:48: Er hat kein Telefon.
00:11:49: Wir wissen die Nummer nicht.
00:11:50: Das kann alles sein.
00:11:51: Und dann versuchen wir mit einer Lautsprecherbox
00:11:53: eine Ansprache zu starten
00:11:55: und hoffen, dass da eine Kommunikation zustande kommt.
00:11:57: Das wäre jetzt so ein technisches Hilfsmittel,
00:11:59: das wir nutzen.
00:12:00: Ich weiß aber auch, dass ihr Equipment aus dem Bereich
00:12:04: der alpinen Kletterer mit im Kofferraum habt.
00:12:07: Oder zumindest auf der Dienststelle.
00:12:09: Weil es auch die ein oder andere Situation
00:12:11: natürlich auch in der Höhe geben kann.
00:12:13: Ist das was, worüber ihr auch ein bisschen was erzählen könnt?
00:12:16: Ja klar.
00:12:17: Also Kletterausrüstung, die gibt es ja auch irgendwie im Hobby-Sport.
00:12:20: Das ist ja nichts Geheimes.
00:12:21: Wir haben viele Suizidandrohungen in der Höhe.
00:12:24: Und die bringen natürlich Gefahr für alle Beteiligten.
00:12:27: Also natürlich für den Suizidanten selbst.
00:12:30: Aber auch für alle Einsatzkräfte vor Ort.
00:12:32: Für alle untenstehenden Beteiligten.
00:12:35: Und aus dem Grund sichern wir uns natürlich
00:12:38: und üben den Umgang mit den Gurten und den Sicherungsgeräten.
00:12:41: Denn insbesondere in der Höhe ist einfach Kommunikation das Erste,
00:12:45: aber auch das letzte Mittel.
00:12:46: Da haben wir nicht viel Spiel, nicht viele andere Lösungsmöglichkeiten.
00:12:49: Deswegen ist es wichtig, dass wir als Verhandler
00:12:52: dann auch in die Höhe können
00:12:54: und versuchen wieder nah an den Menschen zu kommen, um zu helfen.
00:12:57: Habt ihr vielleicht auch einen besonderen Einsatz,
00:12:59: über den ihr sprechen könnt?
00:13:00: Das ist eine Einsatzlage, die ist jetzt circa ein Jahr her.
00:13:04: Das ist entstanden, wir waren bereits im Einsatz
00:13:06: und wurden zu einem zweiten Einsatz alarmiert.
00:13:08: Der erste Einsatz war, wie vorhin schon gesagt,
00:13:10: eine Festnahmeunterstützung, also ein Standard-Einsatz für uns.
00:13:14: Und dann wurden wir zu einem Ort gerufen, nicht weit weg,
00:13:17: nur 10 Fahrminuten.
00:13:19: Und da soll ein Suizident auf einem überladen Hochspannungsmast sitzen.
00:13:24: Das war so die Erstmeldung, die wir bekommen haben.
00:13:26: Eine Kollegin und ich wurden dann aus dem Einsatz rausgelöst
00:13:29: und sind direkt dahin gefahren.
00:13:31: Und man muss sich das jetzt vorstellen,
00:13:33: wenn man in so eine Situation kommt, also man kommt dahin
00:13:35: und relativ viele Menschen stehen da erstmal nur rum.
00:13:39: Das ist wie eben schon gesagt, in der Höhe kann man nicht viel tun,
00:13:42: außer mit ihm reden.
00:13:43: Wir haben da kein Druckmittel, das wir irgendwie einsetzen können.
00:13:45: Und dann kamen wir hin und er saß da auf dem Hochspannungsmast.
00:13:49: Und die Kollegin und ich sind dann ins Face-to-Face gegangen,
00:13:53: bis der Rest der Verhandlungsgruppe nachrücken konnte
00:13:55: und haben angefangen mit ihm zu sprechen.
00:13:57: Und im Rahmen des Gesprächs kam dann auch die ersten Informationen,
00:14:01: die ersten Meldungen schon rein.
00:14:03: Das war ein Mensch, der am Tag zuvor seine Ex-Freundin
00:14:07: mit 30 Messerstichen erstochen hat und tatsächlich auf der Flucht war.
00:14:11: Nachdem wurde er auch schon aktiv gefahren.
00:14:13: Und der sich zufällig da an einem Feldweg festgefahren hat
00:14:17: und noch zufälliger kam dann eine Streife vorbeigefahren.
00:14:20: Und in seiner Not wusste er sich nicht anders zu helfen,
00:14:23: als auf diesen Hochspannungsmast zu klettern.
00:14:25: Und er hat dann auch gedroht, er möchte Einsatzkräfte verletzen.
00:14:29: Was die Schwierigkeit er gebracht hat, okay, wir kommen nicht nah ran,
00:14:33: weil wir Angst haben, er lässt sich fallen.
00:14:35: Und der Einsatz war sehr, sehr fordernd, sehr, sehr hart.
00:14:39: Der ging acht und ein halb Stunden.
00:14:41: Die Kollegin hat die ersten sechs Stunden mit ihm gesprochen,
00:14:44: konnte irgendwann verständlicherweise nicht mehr.
00:14:46: Genau in die letzten zwei Stunden habe ich dann mit ihm gesprochen.
00:14:49: Da kam glücklicherweise noch eine fahrbare Hebebühne.
00:14:52: Das heißt, ich konnte auch tatsächlich, wie wir hier jetzt sitzen,
00:14:55: also auf die Entfernung, ich sage mal so zwei Meter mit ihm sprechen.
00:14:59: Und er ließ sich aber nicht zur Aufgabe bewegen, also er wollte nicht runterkommen.
00:15:04: Und als wir dann nochmal runtergefahren waren
00:15:07: und haben ihm immer wieder Wasser überreicht, um ihn zu hydrieren,
00:15:09: damit er bei Kräften bleibt, habe ich gesehen, wie er abrutscht
00:15:12: und habe ihm noch zugerufen, er soll sich festhalten.
00:15:15: Und dann ist er aber gestürzt.
00:15:17: Und dann wurde er auch tödlich verletzt durch den Sturz.
00:15:19: Genau. Und das war für mich ein sehr, sehr eindrücklicher Einsatz.
00:15:22: Ich habe eben mal schon erwähnt, ich war vorher im KZ,
00:15:25: da hat man ja auch mit Leichnamen zu tun, mit leichen Sachen.
00:15:29: Dadurch war ich das gewöhnt, aber es ist tatsächlich noch mal eine andere Erfahrung,
00:15:32: wenn ein Mensch abstürzt.
00:15:34: Hattest du bis dahin das Gefühl gehabt, ihr könnt die Situation noch drehen?
00:15:37: Oder ist es überhaupt schwer zu sagen, wenn man dann in so einer Situation ist,
00:15:40: bis jemand tatsächlich in Sicherheit gebracht wurde?
00:15:42: Konsettzig würde ich sagen, man kann es schwer sagen,
00:15:44: in der Situation war es schwierig.
00:15:46: Er war sich seiner Tat, die er begangen, hatte sehr, sehr bewusst.
00:15:49: Er hat die sehr, sehr stark thematisiert.
00:15:51: Hat keinerlei Reue gezeigt.
00:15:53: Und das war schwierig, da einen Zugang zu bringen.
00:15:55: Unser klassischer Weg wäre, wir versuchen eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen.
00:15:58: Und das hat bei ihm nur in Teilen funktioniert,
00:16:01: weil er sehr, sehr abwertend auch war gegenüber uns.
00:16:03: Ich würde eher sagen, das Gespräch wäre noch deutlich länger gegangen.
00:16:06: Aber wie geht man dann mit solchen Situationen um?
00:16:09: ich denke, das wird nicht die einzige Situation der einzige Einsatz gewesen sein, der auch mal
00:16:13: tödlich ausgegangen ist. Und hat man dann einen Backup innerhalb der Polizei, dass einem dann
00:16:20: vielleicht auch da aufhängt? Weil das so was macht ja was mit allem. Tatsächlich ist unsere
00:16:23: Erfolgsquote sehr, sehr, sehr gut, sehr hoch. In den Großteil aller Fälle schaffen wir es,
00:16:28: die Leute tatsächlich zur Aufgabe zu bewegen. Ich bin jetzt ein bisschen über zwei Jahre bei der
00:16:32: Verhandlungsgruppe und das war das erste und einzige Mal, dass ich das so erlebt habe, dass
00:16:37: hier man wirklich tödlich verunglückt ist. Nichtsdestotrotz gerade dann in so einer Situation,
00:16:41: dass, wie zum einen, wie gehst du damit um und gibt es da vielleicht auch Unterstützungsangebote
00:16:47: innerhalb der Polizei? Ja, die gibt es und für mich war erst mal wichtig, dass ich mich fallen
00:16:52: lassen konnte, dass ich mich erst mal komplett aufs Team verlassen konnte. Wenn so eine Situation
00:16:55: passiert, dann ist ja noch ganz viel außen rum zu organisieren. In dem konkreten Beispiel ist das
00:16:59: SEK dann ja trotzdem erst mal vorgerückt, weil es war ja ein bewaffneter Straftäter und hat den
00:17:04: vermeintlich dann noch festgenommen und da läuft ja ganz viel außen rum und da war das Team aber
00:17:09: sofort da, hat mich aufgefangen und hat mir da auch sofort Zeit für mich gegeben, hat gesagt hier,
00:17:15: nämlich raus, setz dich erst mal hin. Also das war so der erste Punkt, der für mich enorm wichtig
00:17:19: war. Der zweite ist für mich ein privater Rückhalt. Ich hatte tatsächlich auch erst mal meine Freundin
00:17:25: angerufen, habe mir nichts vom Einsatz erzählt, habe mir nur gesagt, der ging nicht gut aus. Sie
00:17:29: wusste auch sofort, was passiert war, also sie konnte sich es erschließen und das Gespräch hat mir
00:17:33: dann auch sehr, sehr viel geholfen. Und polizeilich haben wir das Zentrum für polizeipsychologische
00:17:38: Dienste. Da können wir in so einem Fall zurückgreifen auf Gespräche mit Psychologen, Psychologinnen.
00:17:44: Das wird angeboten direkt vor Ort. Ich wollte es vor Ort nicht haben, das war mir alles so ein
00:17:47: bisschen zu hektisch. Also da sind bestimmt auch noch 100 Leute rumgerannt, Feuerwehr,
00:17:51: Schaulustige, was da alles war. Aber im Nachgang einen Tag drauf hat mich die Psychologin tatsächlich
00:17:55: sofort angerufen und das war ein sehr, sehr entspanntes, sehr offenes Gespräch und das fand
00:17:59: ich wirklich gut. Genau, und dann gibt es da Zeiträume, in denen die Psychologinnen dann immer
00:18:05: wieder anrufen und fragen, ob das denn alles gut ist. Wie geht man dann vielleicht auf der anderen
00:18:09: Seite mit Einsätzen, wo genau das Gegenteil dann passiert ist, dass man da ein Leben gerettet hat,
00:18:16: die jemand vielleicht ja von einem Hochsparkungsmaß wieder herunterholen konnte. Das ist ja auch
00:18:22: etwas, was man, glaube ich, in der Situation oder danach erst mal verarbeiten muss. Also wir bereiten
00:18:26: natürlich jeden Einsatz nach, also ob der jetzt gut ausgeht oder schlecht. Wir setzen uns immer im
00:18:30: Team zusammen. Jeder kann von seinem Bereich erzählen, was er erlebt hat, was ihm aufgefallen
00:18:35: ist, was gut funktioniert hat, wo vielleicht noch Verbesserungspotenzial ist. Das heißt auch in
00:18:39: der Lage von Basti, ich denke mal bei euch wird es so gewesen sein, wir hätten das auch nachbereitet
00:18:44: und mir persönlich gibt das auch immer viel, weil das sind Kolleginnen und Kollegen, ja die entweder
00:18:50: in der Vergangenheit schon mal ähnliches erlebt haben, also die vielleicht auch schon mal jemanden
00:18:54: sterben sehen haben, die vielleicht sogar in der Situation dabei waren oder ja davon gehört
00:19:01: haben, die können mich da wirklich verstehen. Und wenn es gut ausgeht, dann ist es umso schöner
00:19:05: und dann ja können wir uns das natürlich auch gegenseitig erzählen, um davon zu lernen und
00:19:11: dann ist das auch ein tolles Gefühl. Tatsächlich ist es aber so, wir sind ja nicht da, um die Probleme
00:19:17: der Menschen dauerhaft zu lösen, sondern wir versuchen die in der Situation aufzufangen und sind
00:19:23: faktisch auch keine Psychologen, sondern nur für diese Einsatzdauer da. Und mir ist da zum Beispiel
00:19:29: auch mein erster Einsatz als Sprecherin im Kopf geblieben, weil das eine ähnliche Situation war.
00:19:35: Es war auch ein Suizidand in großer Höhe, der sich auch schon angefangen hatte, selbst zu
00:19:40: verletzen, der auch schon über die Balkonbrüstung geklettert ist und nur noch auf einem ganz dünnen
00:19:44: Wasserrohr stand. Und ich habe dann mit ihm gesprochen, einem wildfremden Mann, der sozusagen jeder
00:19:51: Zeit vor meinen Augen hätte runterspringen können. Und anders als bei Basti war es da aber
00:19:56: tatsächlich so, dass er dann auch nach ganz ganz vielen Stunden reingekommen ist, in die Wohnung,
00:20:01: also er konnte gerettet werden. Wir haben ihn dann zum Rettungswagen gebracht und das war ein sehr
00:20:06: schönes Gefühl. Ich hatte in diesen Stunden sehr sehr viel über ihn erfahren, die ganze Lebensgeschichte,
00:20:13: was ihn dazu bewogen hat, überhaupt hier hochzukommen. Die ganzen Krisen, das wäre auch sehr intim. Und
00:20:18: dementsprechend ist man als Sprecher ja auch davon ein bisschen befangen und möchte wirklich der
00:20:24: Person helfen. Und auch wenn es da gut ausgegangen ist, ist es so, dass man dann im Nachgang erfahren
00:20:30: hat, dass die Person sich trotzdem das Leben genommen hat, nicht an diesem Tag und ohne,
00:20:34: dass die Polizei dann davon mitbekommen hat. Aber faktisch sehen wir, glaube ich, die Lagen immer
00:20:39: nur temporär an und wissen, dass wir trotzdem diese Schicksalsschläge nicht heilen können in dem
00:20:45: Moment. Das bleibt dieser bittere Beigeschmack. Wird man da vielleicht auch schon im Rahmen der
00:20:50: Ausbildung oder durch Fortbildungsmaßnahmen gezielt auf solche Hochstresssituationen
00:20:54: vorbereitet? Wobei ich mir das auch schwierig vorstelle, so ein Stress in der Trainingssituation
00:20:59: zu erzeugen. Also ich glaube, wenn ich für mich spreche, die Vorbereitung, die fängt eigentlich
00:21:04: schon mit dem ersten Polizeistudium an. Da wird schon die Resilienz trainiert, da üben wir ja sehr
00:21:09: viele Stresssituationen. Dann folgt so die erste Arbeitserfahrung. Also je nachdem, auf welche
00:21:15: Dienststelle man dann kommt, macht man da wieder neue Erfahrungen. Das hat mir auch ganz viel gebracht.
00:21:20: Und als es dann gezielt um die Verhandlungsgruppe ging und wir uns ganz viel mit Sonderlagen
00:21:24: beschäftigt haben und dann nochmal gezieltes Training bekommen haben, also beispielsweise
00:21:29: Mentaltraining. Da gibt es verschiedene Mechanismen, die man nutzen kann. Dann wird es alles immer
00:21:34: konkreter. Und ich denke, dann spielt auch die Zeit im Kommando noch eine Rolle. Also ich merke
00:21:39: das, wie ich so mit jedem Jahr weniger Stress habe, weil ich habe mich besser kennengelernt. Ich
00:21:44: weiß jetzt, wie ich in Stresssituationen reagiere, habe so meine Abläufe für mich gefunden, Hilfsmittel
00:21:49: und weiß auch, dass ich mich auf mein Team verlassen kann. Ich bin ja auch nicht alleine im
00:21:55: Einsatz. Also selbst beim Sprechen bin ich ja mindestens zu zweit und ich trage auch nicht
00:21:59: alleine die Verantwortung. Da gibt es dem Polizeiführer wie der Bass, die das vorhin angesprochen
00:22:04: hat und die ganze Gruppe. Und das muss man sich auch immer wieder vor Augen führen.
00:22:08: Welche Hilfsmittel für solche Hochstresssituationen helfen dir besonders? Weil ich kann mir vorstellen,
00:22:12: einige unserer Hörerinnen und Hörer stehen vielleicht vor dem Ereignungsauswafferfahren
00:22:15: für die Polizei. Das ist auch von einem anderen Maße, aber auch immer eine ungewohnte Situation,
00:22:20: eine aufregende Situation, dass du da vielleicht der ein oder dem anderen Bewerber einen Tipp
00:22:24: mit an die Hand geben könntest. Ja, also ich versuche erstmal bei mir zu bleiben und
00:22:28: bei meinen Gedanken und die zu lenken. Also an was Schönes zu denken, an vielleicht Erfolgssituation
00:22:33: zu denken und mir nochmal vor Augen zu führen, ja vielleicht auch wie weit ich es geschafft
00:22:38: habe. Also wenn ich jetzt vor einem Auswahlverfahren stehe zu überlegen, wo war ich vorher, was
00:22:42: hat gut funktioniert, habe ich irgendwelche bedeutenden Verfahren geleitet, irgendwelche
00:22:46: Einsätze im Schichtdienst besonders gut gemacht. Das hilft mir, dass ich erstmal schon mit
00:22:51: einem positiven Selbstvertrauen reingehe und dann zu gucken, was macht mein Körper, also
00:22:56: wie bin ich gerade drauf, bin ich irgendwie überdreht, angespannt und dann vielleicht
00:23:02: auch zu versuchen, mich zu beruhigen. Da gibt es zum Beispiel so Atemtechniken, wir nennen
00:23:06: das Box Breathing, das so eine Mischung aus einatmen, erhalten und wieder ausatmen. Damit
00:23:11: kann man zum Beispiel auch seine Herzfrequenz einfach ein bisschen runterfahren und dann
00:23:16: vielleicht gucken, was kann ich auch vorbereiten, kann ich meine Tasche perfekt packen, steht
00:23:20: alles bereit, dass ich keine äußeren Stressoren habe. Und wir waren hier ganz am Anfang an
00:23:26: einer Polizeikarriere, ich bereite mich auf das Ereignungsauswahlverfahren vor. Wie würde
00:23:32: denn das Ereignungs-Auswahlverfahren in Bezug auf die Verhandlungsgruppe aussehen und
00:23:37: was gibt es denn da vielleicht für bestimmte Voraussetzungen, die man so mitbringen muss?
00:23:41: Also unser ERV von den Spezialeinhalten ist hessenweit ja identisch. Es gibt da kleine
00:23:48: Bewertungsabstufungen natürlich, wenn man jetzt rein sportlich den Vergleich bringt,
00:23:54: den Verhandlungsgruppenmitglied. Wir brauchen nicht das physische Training, das ein SEK-Beamter
00:23:59: hat als Beispiel. Aber vom Aufbau ist das ERV ähnlich. Wir haben wieder einen Computergesteuerten-Test,
00:24:07: da werden die normalen Sachen gefragt, Mathe, Deutsch, Rechtschreibung, auch ein Persönlichkeits-Test,
00:24:12: der da schon mit rein spielt. Wenn man den bestanden hat, geht es weiter in den Sporttest
00:24:17: und dann kommt der für uns aber eher interessante und wichtigere Teil, das ist nämlich eine
00:24:22: Gruppenaufgabe. Das heißt, ich muss mit einer mir fremden Gruppe, die Gruppe ist in dem
00:24:27: Moment die anderen Bewerber, eine Aufgabe lösen. Und was wir da sehr, sehr intensiv bewerten
00:24:33: ist unter anderem die Teamfähigkeit und wie sehr bin ich fähig, mich ins Team einzubringen.
00:24:38: Wenn ich dieses Gruppeninterview habe, kommt danach eine Einzelaufgabe. Im Groß der Fälle
00:24:42: ist es eine kommunikative Aufgabe, das heißt, es gibt eine Konfliktsituation, die ich dann
00:24:46: bestmöglich lösen muss und danach gibt es noch ein großes Interview. Da sitzen mehrere
00:24:53: Bewerter zusammen und stellen der Bewerberin den Bewerberfragen. Und wenn ich das alles
00:24:57: habe, dann kann ich in die Ausbildungsgruppe starten.
00:25:00: Was würdet ihr sagen, was man für Soft Skills mitbringen sollte? Fee, du hast vorhin gesagt,
00:25:06: man sollte gut zuhören können.
00:25:07: Ja, auf jeden Fall. Also letztlich wünschen wir uns ja nichts anderes, was sich jeder Arbeitgeber
00:25:11: wahrscheinlich wünschen würde. Also wir hätten gerne motivierte Interessenten, am besten
00:25:15: schon mit Lebenserfahrungen, die auch eigenständig arbeiten können, gut zuhören können, Teamplayer
00:25:21: sind. Fakt ist aber auch, es gibt nicht den oder die perfekte Interessenten, genauso
00:25:27: wenig, wie es den oder die perfekte Verhandlerinnen oder den Verhandler gibt. Sondern wir sind
00:25:31: alle total verschieden und das ist auch gut so. Also ich glaube, wir bringen unsere Stärken
00:25:35: und unsere Schwächen im Einsatz gezielt ein. Ich stelle mir das immer wie so ein Schachbrett
00:25:40: vor mit Schachfiguren, die alle unterschiedlich sind und unterschiedlich ziehen können und
00:25:45: genauso versuchen wir das im Einsatz auch zu machen. Ich glaube, was uns alle vereint
00:25:49: ist, dass wir empathisch sind, dass wir Freude an Kommunikation haben. Bereits sind das
00:25:55: auch zu lernen und selbst zu reflektieren und wie du gesagt hast, auch wirklich zuhören
00:25:59: wollen.
00:26:00: Das kann ich nur bestätigen. Empathie ist, finde ich, mit eine Grundcharaktereigenschaft,
00:26:05: die wir mitbringen sollten und müssen. Wenn man sich vorstellt, die Situationen, die wir
00:26:09: gerade beschrieben haben, da befinden sich Personen an einem Scheideweg, die befinden
00:26:14: sich am Ende ihres Weges. Und wir haben letztendlich bei Suiziden schon oft deren Leben in der Hand.
00:26:23: So fühlt es sich für den Sprecher zumindest an. Und das ist was, da muss ich verstehen
00:26:28: wollen, mit wem spreche ich da. Und da ist Empathie unfassbar wichtig.
00:26:31: Aber es gibt jetzt keine konkreten Anforderungen, die eine gewisse Zeit innerhalb der Polizei
00:26:37: nach dem Studium, die man mitbringen muss. Also man könnte sich im Prinzip direkt nach
00:26:41: dem Studium bei euch bewerben, wenn man daran Interesse hat oder man hat das Zeug dazu.
00:26:47: Also da kann ich den Leuten auch die Angst nehmen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.
00:26:50: Ich bin lebenselter in die Polizei eingestiegen. War dann zwei Jahre im K10 eben nur. Und wir
00:26:57: suchen nicht den Beamten, der schon seit 20 Jahren in der Polizei ist und da vielleicht
00:27:02: auch schon sehr, sehr stark in den Polizeistrukturen verhaftet ist. Wir suchen die Leute, die gezielt
00:27:06: ausbrechen können, out of the box denken können und die sich auch sehr, sehr gut als ich
00:27:13: nenn es mal nicht Polizist geben können.
00:27:15: Grundsätzlich habt ihr ja einen sehr unvorhersehbaren Job. Der ist auch in Teilen sehr, sehr herausfordernd.
00:27:20: Wie gelingt es euch da an der Stelle, ich sag mal Beruf oder Berufung, kann man glaube
00:27:25: ich auch schon fast sagen, und euer Privatleben unter einen Hut zu bringen. Also bleibt noch
00:27:29: Zeit oder bleibt noch was im Kopf für Hobbys oder andere Sachen, die einen erfüllen?
00:27:35: Ja, auf jeden Fall. Also das ist natürlich ein höchst individuelles Empfinden. Bei uns
00:27:41: sind, ich sag jetzt mal von Singles bis hin zu verheirateten Kollegen und Kolleginnen mit
00:27:45: kleinen Kindern alles vertreten. Je nach Lebenslage und ich glaube, das schaffen wir, weil wir
00:27:50: flexibel sind und all das planen, was planbar ist. Also zum Beispiel durch die Rufbereitschaften,
00:27:56: die der Basti angesprochen hat, dann kann ich versuchen mein privates Leben so ein bisschen
00:28:00: daran auszurichten. Ich weiß, okay, in der Woche kann ich dann gewisse Sachen nicht machen,
00:28:04: aber dann nutze ich die vielleicht um Dinge von meiner To-do-Liste zu streichen, die ich
00:28:08: eh zu Hause machen wollte und genieße dann die Wochen, in denen ich keine Bereitschaft
00:28:13: habe, tatsächlich fast sogar intensiver, weil ich das im Herzen zu schätzen weiß, auch
00:28:16: die freie Zeit. Und ich mache auf jeden Fall meine Hobbys, ich glaube anders geht es auch
00:28:22: einfach im Alltag, nicht im Berufsalltag. Also man braucht seinen Ausgleich. Und ja, wenn
00:28:29: dann doch mal irgendwas spontan privat kommen sollte, dann weiß ich, dass ich mich auch immer
00:28:34: auf die Kollegen verlassen kann. Die versuchen dann für mich einzuspringen, mir irgendwie
00:28:38: den Rücken freizuhalten und es doch irgendwie möglich zu machen. Also es ist eigentlich
00:28:43: ein cooler Mix aus dem unplanbaren und dem planbaren. Das ist für mich eigentlich eine gute Mischung.
00:28:50: Wir kommen jetzt so langsam zum Schluss und da würde mich noch eine Frage oder eine Sache
00:28:54: besonders interessieren. Zwar, hilft es eigentlich im Alltag in der Verhandlungsgruppe zu sein,
00:28:59: zum Beispiel bei dem Gebrauchtwagenkauf oder anderen Dingen, wo man in einer etwas unverrängliche
00:29:04: Verhandlung gehen muss? Auf jeden Fall. Also darüber kann man streiten. Ich glaube, es
00:29:10: ist grundsätzlich eine sehr gute Sache, sich auf der Arbeit mit Kommunikation zu beschäftigen,
00:29:15: weil es ist Kommunikation mit Menschen und die sind ja auf der Arbeit, aber die sind
00:29:18: auch in meinem Privatleben. Auch der Gebrauchtwarenhändler hat Bedürfnisse und ich denke tatsächlich
00:29:25: auch sehr, also privat viel über das Gelernte nach. Ich glaube, es hat aber Grenzen. Also
00:29:29: gerade je näher man den Personen steht, je besser sie einen kennen, desto leichter durchschauen
00:29:34: sie mich auch und merken, wenn ich versuche, Verhandlungstricks anzuwenden. Und tatsächlich
00:29:40: kommen ja im Privaten bei mir dann auch Emotionen dazu, also ganz gefährlich für Sachverhandlungen.
00:29:46: Von daher kann ich auch nicht alles gewinnen im Privaten. Ja, ich sehe das genauso wie
00:29:53: Fee. Private oder Leute, Freundinnen, Freund, die kennen einen zu gut, die kennen die Tricks,
00:30:00: da ist man emotional selber mit involviert. Da wird es dann schon schwierig professionell
00:30:04: zu bleiben. Aber nichtsdestotrotz denkt man ständig drüber nach im Alltag und ich glaube,
00:30:08: das hilft einem schon. Ja, es hilft auch die Menschen einfach besser verstehen zu können.
00:30:13: Und auch du hast jetzt den Verkauf angesprochen, also zu wissen, okay, wie kann ich jetzt vielleicht
00:30:19: auch durch Freundlichkeit eher ans Ziel kommen. Ich habe Verständnis, der hatte vielleicht
00:30:24: einen stressigen Tag, es ist viel los, vielleicht schlechten Umsatz gemacht und die Leute vielleicht
00:30:29: auch wieder anpacken. Das klingt auf jeden Fall sehr, sehr spannend auch für den Alltag,
00:30:33: würde ich sagen. Ich könnte mir vorstellen, dass da die eine oder den anderen Kollegen
00:30:37: gibt, die eure Tätigkeit auch sehr, sehr spannend finden und ja auch mit dem Gedanken spielen,
00:30:42: sich vielleicht zu bewerben. Aber die Hemmschwelle ist bei vielen dann doch immer sehr, sehr groß
00:30:46: oder sehr hoch. Hättet ihr für die oder den Kollegen vielleicht noch den einen oder anderen
00:30:50: Tipp? Ja, auf jeden Fall. Also seit Mutig, ich weiß, dass es Angst macht, Veränderungen
00:30:55: anzugehen, vielleicht auch aus seiner Komfortzone rauszugehen und das Auswahlverfahren kann
00:31:00: auch erstmal wie eine Hürde erscheinen, aber es lohnt sich auf jeden Fall. Also die Erfahrungen,
00:31:04: die ich bei der Verhandlungsgruppe gemacht habe, die möchte ich nicht missen und die
00:31:08: gibt es meiner Meinung nach auch innerhalb der Polizei sonst nirgendwo. Und deswegen,
00:31:13: wenn euch das interessiert, dann kommt einfach auf uns zu. Ihr könnt gerne vorbeikommen
00:31:17: mit uns sprechen, uns kennenlernen und dann auch Schritt für Schritt für euch rausfinden,
00:31:21: ob das zu euch passt. Und wir würden euch dann auch gerne bis zum Auswahlverfahren unterstützen.
00:31:27: Es gibt auch noch die Möglichkeit zu hospitieren. Das kann ich jedem nur raten, der wirklich
00:31:32: Interesse hat. Was machen die denn eigentlich den ganzen Tag? Und das ist ja mittlerweile
00:31:36: relativ unkompliziert für jeden Kollegen, für jede Kollegin möglich. Geht zwischen
00:31:40: drei bis fünf Tagen, je nach Absprache und ich glaube, da gewinnt man einen ganz guten
00:31:43: Einblick. Ja, Faye Basti. Noch mal vielen, vielen Dank für eure Zeit und dass ihr heute
00:31:48: aus Kassel und aus Frankfurt zu uns nach Wiesbaden gekommen seid. Vielen Dank für die Einladung.
00:31:52: Und das war es auch schon wieder mit der neuesten Folge vom Kugelsicher eurem Copcast der Polizei
00:31:57: Hessen. Wenn euch die Folge gefallen hat, gebt unserem Podcast gerne eine Bewertung. Und wenn ihr mehr
00:32:01: über die vielfältigen Möglichkeiten bei der hessischen Polizei erfahren wollt, schaut unbedingt
00:32:05: auf unsere Internetseite polizei.hessen.karriere.de und auch auf unseren anderen sozialen Kanälen
00:32:12: bei Instagram und YouTube vorbei. Bis dann, macht's gut.